Mittwoch, 16. Juni 2010

Toro Toro oder auch Torotoro

Um 7h früh wurden wir vom Taxi abgeholt und vom sehr netten Chef der Agencia Dorbigny (übrigens sehr empfehlenswert!) abgeholt und nach einem Frühstück ging es auf einer fast durchwegs mit runden Steinen (Murnockerln) gepflasterten Straße in Richtung Torotoro. Nach ca. 4 Stunden Rumplerei, Fahrt durch einige Flußläufe (die Brücken sind gerade im Bau) kamen wir in einem sehr netten, kleinen Indigina-Ort inmitten einer von bizarren Felsformationen geprägten Landschaft, bezogen in einem Hotel am Hauptplatz unser Zimmer und gingen Mittagessen. Es gab etwas für die Gegend Typisches: Schafskutteln (für die Jugendlichen unter den Lesern: Das ist Schafsmagen) in einer gut gewürzten Soße mit Reis und Kartoffeln. Vorher noch eine Suppe und das Ganze um 10 Bolivianos = 1,20 €. Das Essen hier ist unheimlich billig. Um 10 € kann man in einem guten Restaurant zwei vollständige Menüs mit Getränken genießen! Danach brachen wir zu unserem ersten Ausflug auf: Besuch der großen Tropfsteinhöhle. Wir marschierten ca. eine halbe Stunde bis zum Portal der Höhle und schon da wurde uns klar: 2800 m Seehöhe machen einen ganz schön schnaufen! Nach dem Passieren des großen Portals ging es gleich recht lustig weiter. Die Gänge in der völlig unbeleuchteten Höhle wurden immer enger und niedriger und schließlich krochen wir am Bauch durch „Ritzen“, von denen man vorher nicht angenommen hätte, dass man durchkäme! Zwischendurch gab es immer wieder große Dome mit schönen Tropfsteinen. Geführt wurden wir von Dennis einem jungen Mann, der ein ganz schönes Tempo vorlegte, doch auch sehr freundlich und kompetent war. Nach ca. 2 Stunden verließen wir die Höhle, froh, wieder am Tageslicht zu sein und um die Erfahrung der Gefühle eines Maulwurfs reicher. Die Landschaft draußen präsentierte sich in schönem Abendlicht und das Panorama, das sich uns bot, war atemberaubend! Die Luft in dieser Gegend ist sehr trocken und so ist die Fernsicht gigantisch und die Farben sehr intensiv.
Nach dem Abendessen, bei dem wir nicht einmal die halbe Portion wegbrachten, fielen wir müde ins Bett. Der nächste Tag sollte schon um 7h früh beginnen, weil wir am frühen Abend wieder in Cochambamba sein wollten, damit wir den Bus nach Potosi noch erreichen. Doch mit dem Schlafen wurde noch nichts. Am Hauptplatz ertönte plötzlich laute Musik und wir sahen von unserem Fenster aus junge Menschen in Trachten wild durch die Straßen tanzen. Schnell zogen wir uns an und folgten dem Zug mit unsern Kameras. Wir wurden dadurch Zeuge eines Inka-Festes. Ein Bursche und ein Mädchen in schöner Tracht wurden mit Gemüse und Früchten behängt und dabei spielten und sangen andere junge Leute in einem eigenartigen Rhythmus und in für uns interessant klingenden Melodien. Ein Feuer wurde entzündet. Coca-Blätter wurden herumgereicht und Fruchtsaft getrunken. Dann fielen plötzlich alle auf die Knie und beteten ein Vaterunser und ein Ave-Maria. So endete die Zeremonie. Dann tanzte der Zug wieder zurück zum Hauptplatz und dort löste sich schnell alles wieder auf. Nun konnten wir voll von Eindrücken in unser Bett sinken.
Also 7 h früh holt uns Mario, einer der Begründer des Nationalparks, Vater von Dennis im Hotel ab und ab ging der Marsch zunächst zu den Dinosaurier-Spuren. Im Jahr 1964 wurde ein Paläontologe auf die versteinerten Spuren aufmerksam. Inszwischen haben Legionen von Wissenschaftlern diese Spuren untersucht und den verschiedenen Saurier-Arten zugeordnet. Unser Führer erzählte uns, dass er in seiner Kindheit (er ist auch 56 Jahre alt) von seinem Großvater immer von den Riesentieren gewarnt wurde, die in der Nacht ihr Unwesen trieben und so schwer gewesen seien, dass sie sogar Spuren in den Steinen hinterließen  . Sehr beeindruckend, diese Spuren, von fleischfressenden (dreizehigen) und pflanzenfressenden (eher elefantenfüßigen) Dinosauriern, die vor ca. 20 Mill. Jahren dort gelebt haben. Sie hinterließen ihre Spuren im Schlamm und dieser wurde von anderem Material überlagert, versteinerte dann und durch die Errosion wieder freigelegt. Man wird ganz demütig, wenn man vor diesen Zeugen einer längst vergangenen Zeit ohne Menschen steht…
Danach ging es schnurstracks auf einem gepflasterten (!) Weg in Richtung Canyon. Wir erwarteten uns nichts Besonderes und waren umso erstaunter plötzlich am Rand einer Riesenschlucht zu stehen. Am gut ausgebauten Mirador (Aussichtspunkt) wurde gefrühstückt um dann in den Canyon 300 m tief abzusteigen. Der Abstieg war ja schon anstrengend, wie würde erst der Aufstieg werden, dachten wir uns… Am Grund des Canyons ging es über riesige Felsen zu einem schönen Wasserfall. Da es noch schattig am Grund der Schlucht war und die Temperatur in 2800m Höhe nicht gerade zum Baden einlud, verzichteten wir darauf ins Wasser zu springen und machten uns auf den Rückweg. Der Aufstieg schien am Anfang fast nicht schaffbar, wurde aber Meter für Meter leichter und schließlich waren wir eigentlich wieder recht rasch oben, gingen zurück in den Ort, aßen am neu gestalteten Markt Erdnusssuppe (Erdnüsse werden in der Gegen angebaut) und Hendl und verabschiedeten uns fast ein wenig traurig vom wunderschönen Nationalpark Torotoro.
Was wir in dieser Gegend beobachtet haben: Es wurde sehr viel Geld in den Ausbau der Einrichtungen des Nationalparks gesteckt. Dieses kam z. B. aus Venezuela (ein Sozialist hilft offensichtlich dem anderen), aus den USA, was uns sehr gewundert hat, den Evo Morales, der bolivianische Präsident ist nicht gerade amerikafreundlich, und nur ein kleiner Teil stammte aus Bolivien selbst.
Die Menschen sind offensichtlich politisch interessiert. Wir haben sehr viele Häuser mit politischen Parolen gesehen – allerdings stehen heuer noch Wahlen bevor. Es könnte auch sein, dass die Menschen ihre Häuser als „Plakatflächen“ verkaufen.
Unser sehr umsichtige, gebildete und sympathische Führer Mario erzählte davon, dass er am Beginn der 90er Jahre sogar für ein Jahr das Dorf verlassen musste, weil ihn die Bauern mit dem Umbringen bedrohten. So verhasst war das Projekt „Nationalpark“ bei ihnen. Mittlerweile haben die meisten doch gesehen, dass dieser Park allen was bringt und die Menschen haben sich damit abgefunden, dass einzelne Touristen in ihr Dorf kommen. Große Mengen sind es ja nicht (ca. 4000 jährlich, davon die meisten Studenten aus Bolivien selbst). Die jungen Menschen bleiben offensichtlich im Dorf. Wir haben viele junge Menschen gesehen und sie machten nicht den Eindruck ohne Perspektive zu sein. Torrotorro ist offensichtlich ein Vorzeigeprojekt, das jederzeit für eine Universum-Sendung gut wäre! Wir empfehlen auf jeden Fall allen Bolivien-Reisenden einen Besuch in Torrotorro!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen