Sonntag, 25. April 2010

Ananasschnaps

Mein heutiger Bericht handelt von einem Arbeitseinsatz - allerdings einem in eigener Sache: Wir brennen Schnaps. Unser Nachbar Markus, seines Zeichens Chemielehrer an der österreichischen Schule, besitzt eine Brennanlage. Vor 2 Jahren wurde damit schon Mangoschnaps gebrannt und diesmal beschlossen wir, gemeinsam mit Kathi und David, es mit Ananasschnaps zu versuchen. Vormittags wurde ein Kofferraum voll Ananas (ca. 150 Stück) am Zentralmarkt geholt (das Stück kostet ca. 40 €-Cent), zu Mittag aßen wir gemeinsam Erdäpfelgulasch und dann ging es los: Mit scharfen Messern, Gummihandschuhen und Schneidbrettln bewaffnet begannen wir die Ananas zu schälen (die Grobarbeit für "grobe" Männer: zuständig David und Wilfried) und klein zu schneiden (Feinarbeit für Sensible: zuständig Markus, Kathi und Irene). Mit viel Scherz und gemütlichem Geplänkel schafften wir es in ca. 2 1/2 Stunden die beiden Maische-Fässer zu füllen. Jetzt sollen die Ananasstückchen eine Woche lang gären (bei den derzeit herrschenden Temperaturen kein Problem) und nächste Woche erfolgt der sog. Grobbrand. Der Feinbrand erfordert etwas mehr Zeit und wird dann in einigen Wochen erfolgen (außerdem brauchen wir wegen der entstehenden "Dämpfe" mindestens einen Tag Erholung danach). Der Bericht über das Schnapsbrennen wird also seine Fortsetzung finden...

Sonntag, 18. April 2010

Ein "guatemaltekischer" Vormittag

Wir haben uns gestern kurzfristig entschieden heute vormittags an einem 10 km - Lauf unten in der Stadt teilzunehmen. Der Start sollte um 1/2 9 h erfolgen und so machten wir uns schon vor 1/2 8 h mit dem Auto auf den Weg. Unterwegs wollte Wilfried einmal rechts abbiegen, da war da leider ein Mopedfahrer, der das Auto gerade rechts überholen wollte und dabei im toten Winkel des Rückspiegels war. Er hakte mit seinem Moped bei der Stoßstange von Wilfrieds Auto ein und riss sie weg. Gottseidank kam er dabei nicht zu Sturz und hatte auch sonst keinen größeren Schaden an seinem Fahrzeug. Nachdem hier in Guatemala die meisten Fahrzeuge (vor allem Einspurige) nicht versichert sind, hat es gar keinen Sinn, sich über eine Schadensbegleichung Gedanken zu machen. Also: Stoßstange (bzw. Maske) des Autos eingepackt und weitergefahren!
Wir ließen das Auto in der Nähe des Starts in einer eher noblen Wohngegend stehen, zahlten unsere Nenngebühren, bekamen die Startnummern (natürlich ohne Nadeln - wir mussten sie einstecken ...) und kurz nach 9 h erfolgte der Start von mehreren hundert Läuferinnen und Läufern. Nachdem keine Chips zur Zeitnehmung ausgegeben wurden, wussten wir, dass die Zeiten wohl nicht gemessen wurden. Das war uns aber egal, weil wir (wir waren zu Dritt: Robert, Wilfried und ich) den Lauf als Training für den Halbmarathon am 15. Mai in Coban sahen. Die Strecke führte fast immer extrem stark befahrene Hauptstraßen entlang - die natürlich nicht gesperrt waren. Beim Überqueren von Straßen musste man oft buchstäblich um sein Leben laufen! Gegen Ende des Laufes überquerten wir einen großen Barranco (das ist eine tiefe Schlucht, von denen es hier in der Stadt recht viele gibt), der völlig mit armseligen Ghetto-Hütten verbaut war. Hier kamen mir ein paar schmutzige, verwahrloste Kinder entgegen, die mich recht fassungslos anstarrten. Ihr Blick schien zu sagen: Was machen diese Menschen hier? Warum rennen die so? Wahrscheinlich hat so etwas wie Sport in ihrem täglichen Überlebenskampf soviel Platz in ihrem Leben, wie in unserem das Suchen nach Lebensmitteln in Mülltonnen.
Das Laufen fiel mir sehr leicht und ich hatte überhaupt keine Probleme, was mich optimistisch für den Halbmarathon stimmt. Am Ziel angekommen, konnte man sich in einer 100m langen Schlange um ein Leiberl und etwas zu trinken anstellen, worauf wir gerne verzichteten. Wir waren guter Dinge und machten uns auf den Weg zu Wilfrieds Auto. Dort angekommen, erwartete uns die nächste Überraschung: Das Schloss an der Fahrertüre fehlte und mein Rucksack und die Geldbörse von Wilfried, beides unsichtbar unter dem Sitz verstaut, waren weg! Gottseidank, hat Wilfried die Kredit- und die Bankomatkarte zuhause gelassen und nur wenig Geld mitgenommen. Auch den Verlust von Crocs, T-Shirts und dem Rucksack können wir verkraften. Das Auto muss nach dem Unfall mit dem Mopedfahrer sowieso gerichtet werden und so sind wir zu dem Resümee gekommen: Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Nach einer Dusche gönnten wir uns einen Brunch in einem sehr guten chinesischen Restaurant. Man kann sich dabei viele kleine Portionen bestellen, und somit auch viele Geschmacksrichtungen ausprobieren. Ich habe noch nirgends auf der Welt außer in China selbst so gut chinesisch gegessen! Aber das ist auch kein Wunder, Asiaten spielen hier in Mittelamerika eine ganz große Rolle. Darüber aber ein andermal. Jetzt werde ich mich erst einmal von diesem turbulenten Tag erholen!

Freitag, 16. April 2010

Ganz ICH

Nachdem ich nur selten auf den Fotos, die ich in diesem Blog veröffentliche, selbst vorkomme, und ich befürchte, dass die mir wichtigen Menschen in Österreich vergessen, wie ich aussehe, gibt es nun ein Selbstdarstellungs-Webalbum.
Es zeigt mich, mich und noch einmal mich.
Ein paar wenige Fotos sind auch dem Mann gewidmet, mit dem ich hier mein Leben verbringe: Wilfried. Dann habe ich noch meinen Bruder Andi und seine Freundin Petra auf den Fotos entdeckt.
Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei den Fotografen: Robert, Andi, Petra und Wilfried!
Ich hoffe, meine Leser und Fotobetrachter verkraften so eine geballte Ladung Irene! :-)

Sonntag, 11. April 2010

Das Geheimnis Cey Caulkers

Heute früh bin ich hinter das Geheimnis Key Caulkers gekommen. Ich war um 1/2 7 Uhr früh joggen und wurde wieder von einigen Rastas scherzhaft angeredet: Bist auf der Flucht? Warum rennst denn so? Cool down lady! usw. Dann kam ich an einem Schild vorbei (übersetzt): Wir haben hier 2 Friedhöfe und kein Krankenhaus, also geh langsam!
Als ich dann schon frisch geduscht auf dem Weg zum Frühstück (in einem für mich extrem langsamen Gehtempo) einen Rasta-Radfahrer überholte wurde mir eines klar:
Die Langsamkeit ist das Geheimnis auf das Cey Caulker seinen Fremdenverkehr aufbaut! Sie wird hier zelebriert! Sehr geschickt! Eine Insel ohne nennenswerte Strände, mit einem Riff das relativ weit weg ist braucht wenigstens ein Image und das hat sich Cey Caulker gegeben: Go slow!
Ich habe sogar den Verdacht, dass einige der schillernden Rastas dafür angestellt sind, den Menschen ständig solche Entspannungs- und Langsamkeitsparolen nachzurufen (es sind nämlich immer die gleichen!)
Geschickt, geschickt muss ich sagen: Wem das eingefallen ist, der ist ein kleines Genie. Denn was wünscht sich der gestresste Europäer oder US-Amerikaner? Entspannung! Und die kann er hier finden!

Samstag, 10. April 2010

Schnorcheltour

Heute waren wir mit einem Segelschiff auf einer ganztägigen Schnorcheltour am Riff. Zuerst waren wir am ungeschützten Riff. Dort darf gefischt werden und das merkt man auch: Außer einigen kleinen bunten Fischen und etlichen Korallen war dort nichts zu sehen im glasklaren Waser. Ganz anders im Schutzgebiet: Dort ist das Fischen verboten und auch die Korallen sind geschützt. Man sieht dort wirklich schöne, alte Korallen und viele, viele zum Teil sehr große Fische. Ammenhaie, große Rochen, große Muränen, große Barracudas und tausende kleinere bunte Korallenbewohner. Es gab 3 Schnorchelgänge, wovon bei zweien unsere Bootsführer mitschnorchelten und erklärten. Beim zweiten Schnorchelgang wurden die Fische zuerst mit kleinen toten Fischen gefüttert. Prompt erschienen große Mengen von Ammenhaien und Rochen. Dann gingen wir ins Wasser. Es war schon ein eigenartiges Gefühl so mitten unter diesen großen Fischen zu schwimmen.
Irgendwie habe ich mir dabei gedacht: Ist doch gut, dass wir Touristen hier sind. Nur für uns wurde dieses Schutzgebiet gegründet - sonst gäbe es das hier nicht! Für uns auf jeden Fall ein Erlebnis und auch ein Gewinn für Belize und die Bevölkerung hier.

Freitag, 9. April 2010

uND WIEDER: SEIN UND SCHEIN - Cey Caulker


Alle, die die Bilder von Cey Caulker sehen, werden glauben, dies sei nun das karibische Paradies, in dem ich mich derzeit befinde. Ist es auch. Mit einem Schönheitsfehler: Es ist nicht echt! Blödsinn, werden viele denken: Ist der saubere Strand nicht echt? Sind die freundlichen schwarzen Rasta-Männer nicht echt? Sind die tropischen Früchte, die serviert werden, nicht echt? Doch, aber sie wären nicht hier, wenn wir (ich meine die Turisten) nicht hier wären. Der Strand wird tagtäglich von allem gereinigt, was von den Bäumen fällt, was das Meer anspült und was die Leute wegschmeißen. Würde man dies nur eine Woche lang nicht machen, würde der Strand wie jeder andere, nicht geputzte (z. B. die Strände in der Moskitia) aussehen. Die tropischen Früchte, wie riesige Papayas, Ananas, Bananen, Guaven usw. wachsen natürlich nicht wirklich hier. Auf der Insel gibt es außer Kokosnüssen nix. Also: Alles mit dem Boot die 45 Minuten von Belize-City herschaffen, in großen Kühlräumen lagern und den Turis als typisch tropisch verkaufen.
Und die netten, coolen Rasta-Männer? Ich bin heute früh die ganze Insel abgelaufen (muss ein wenig für den Halbmarathon im Mai trainieren) und da bin ich in abseits gelegene Viertel gelangt, die von den meisten Touristen wahrscheinlich gar nie gesehen werden. Hier wohnen die netten Rastas. In armseligen Hütten mit hoffnungslos dreinblickenden, ständig schwangeren Frauen (die hohe Kinderanzahl, die herumläuft und die vielen schwangeren Frauen, die man sieht, lassen dies vermuten) und wirken wahrscheinlich nicht zufällig ständig wie eingeraucht… Die schicken Ferienhäuser und Hotels gehören ihnen jedenfalls nicht. Da dominieren spanisch sprechende, weiße Besitzer. Und die größeren Läden gehören Asiaten…
Ich kam bei meinem Lauf vorbei an riesigen Kühlhäusern, in denen all das gelagert wird, was hier gebraucht wird, und von weit her herbeigeschafft werden muss. An Menschen, die Müll auf ein Boot verfrachteten – wohin der wohl gebracht wird? Auf der Insel ist jedenfalls kein Platz dafür.
Das einzige Fleckchen Natur (außer dem Meer natürlich), das ich auf der Insel entdeckt habe, ist eine Art kleiner Naturpark. Mit verschiedenen Bäumen, die mit Schildern bezeichnet sind, und mit einem kleinen Besucherzentrum, das aber immer geschlossen zu sein scheint. Beides wieder sehr abgelegen und eigentlich nur Ziel von einheimischen Hundebesitzern, die dort mit ihren Hunden spazieren gehen.
Trotzdem hat so ein Ferienparadies für mich seine Berechtigung. Key Caulker ist, wie wahrscheinlich viele Karibik-Inseln eine Art Disney-Land für gestresste westliche Menschen, die sich so eine Illusion von der heilen Welt bewahren und sich von ihrem fordernden Berufsalltag entspannen können. Siebekommen hier viel geboten für ihr Geld und sehen sich nicht mit sozialen Problemen und mit der Umweltproblematik konfrontiert. Leider wird, und das ist das bedenkliche für mich daran, ein Bild davon geprägt, was schön, entspannt und lebenswert ist, das nirgendwo auf der Welt mehr der Wirklichkeit entspricht. So haben „naturbelassene“ (sprich: nicht gefakte) Landstriche wie die Moskitia keine Chance als „schön“ empfunden zu werden. Sie entsprechen einfach nicht der Sehnsucht des Menschen nach der „heilen“ Welt, wie sie uns in unzähligen Universum-Folgen und anderen Medienberichten vorgestellt werden.

Samstag, 3. April 2010

Es gibt nicht nur Bananen in Honduras: Urwald- und andere Abenteuer

Wieder zurück in Guatemala versuche ich 13 Tage Honduras revuepassieren zu lassen - gar nicht so einfach, denn wir haben viel erlebt! Wir: das sind Robert (ein Lehrer aus der österreichischen Schule), Andi (mein Bruder), Petra (seine Freundin), Wilfried und ich.

Wir verließen also am Samstag, 23.3. Guatemala um einer der letzten "wilden" Gegenden der Welt einen Besuch abzustatten: Der Moskitia in Honduras. Da unser Urwaldabenteuer erst mit Donnerstag beginnen sollte, besuchten wir zuerst die Maya-Ruinen von Copan, dann Tela, ein Küstenort mit karibischem Palmenstrand und schließlich La Ceiba, von wo aus wir mit einer kleinen Turbo-Propeller-Maschine in Richtung Brus Laguna flogen. Der Flugplatz in Brus Laguna ist übrigens eine wilde, völlig unebene Savannen-Piste, auf der das Flugzeug dahinholpert, dass man das Gefühl hat, es bricht irgendwann auseinander. Von Brus Lagunas aus ging es mit einem großen Einbaum (solche Bäume findet man nur mehr in einem primären Regenwald und von denen gibt es nicht mehr viele. Sie halten laut Aussage der Einheimischen nur 4 - 6 Jahre lang und werden natürlich in Handarbeit selbst hergestellt) über zwei große Seen und einem von Menschenhand gegrabenen Kanal nach Belen, wo wir nahe des Strandes kleine Hütten auf Stelzen bezogen. Der Strand war menschenleer und wir versuchten mit Unterweisung durch eine Fischersfrau vergeblich in der Brandung zu fischen und bekamen dann auch 4 Pferde für 5 Leute zur Verfügung gestellt, mit denen wir durch den Ort und entlang des Strandes trabten (die Pferde waren sehr ruhig :-)und nicht dazu zu bewegen, in eine schnellere Gangart zur verfallen. Petra begleitete nach einem missglückten Reitversuch (ihr Pferd weigerte sich sich zu bewegen) unsere Expedition als Beifahrerin auf einem Moped.

Der Strand war, wie heutzutage wohl alle ungereinigten Strände voll von angeschwemmtem Plastik und ich beschloss einmal mehr, in Zukunft wieder im Bioladen und am Markt Artikel ohne Plastikverpackung einzukaufen - nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein, ich weiß, aber der verzweifelte Versuch, irgendetwas beizutragen bzw. das Zeichen dafür, aus dem, was ich erlebt und gesehen habe, auch meine Schlüsse zu ziehen. Nach einer Nacht ohne Wände, nur von einem Palmendach und Moskitogittern beschützt, ging es nächsten Tag weiter mit unserem "Schiff" den Rio Platano entlang nach Las Marias.

Las Marias hat seine Einwohnerzahl in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Die Bevölkerung besteht aus wenigen Familien (3), die sozusagen reinrassige Pec (also Indios) sind, sowie aus Schwarzen (Garifonas, den Nachfahren von schwarzen Sklaven aus Afrika, die bei einem Schiffsuntergang im 17. Jh. auf einer Karibikinsel strandeten), sowie Latinos. All diese Gruppierungen sind dabei sich ständig zu vermischen und es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis nur mehr der "neue" Misch- Menschentyp in der Moskitia zu finden sein wird. Offensichtlich haben aber die einzelnen Bevölkerungsgruppen keine Probleme miteinander. Es gibt sogar Volkslieder, in denen alle "Rassen" besungen werden - ein Zeichen für die Gleichberechtigung.

Ich denke, es ist nun auch Zeit ein wenig über unsere Art dort zu reisen zu berichten. Wir haben diese Urwaldtour bei La Ruta Moskitia gebucht. Diese Organisation versucht einen ökologischen Turismus in die Region Moskitia zu bringen, um den Menschen eine Zukunftsperspektive zu geben. Die einst an Wildtieren und Fischen reiche Gegend bietet einer steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr genügend Lebensgrundlage. Arbeitsmöglichkeiten sind so gut wie keine vorhanden. So versucht die gemeinnützige Organisation mit dieser Art des Ökoturismus den Menschen eine ökonomisches Lebensgrundlage zu geben. Das Konzept scheint mir sehr gut zu sein, aber die Realität hat, wie so oft, die gute Idee stark untergraben. Voriges Jahr, dem Jahr der politischen Unruhen in Honduras waren z. B. sage und schreibe 3 ! Gruppen in der Moskitia und wir waren im März die zweite Gruppe im Jahr 2010! Da von Lebensgrundlage zu reden, ist wohl eindeutig übertrieben.

Wie geht das Ganze vor sich? Man bezahlt an die Organisation für die 8 - Tagestour ca. 800 US$. Die Organisation behält sich einen ganz kleinen Teil des Geldes für die Organisationsspesen, der Rest wird in Kuverts verpackt. Wenn man an einen neuen Ort kommt, gibt man dem Verantwortlichen das Kuvert und der teilt das Geld unter denen auf, die das Programm vor Ort gestalten (das sind Quartiergeber, Pferdevermieter, Urwaldführer usw.).

So kommt das Geld den Menschen direkt zugute. Ich finde dieses Konzept hervorragend! Leider mangelt es an Menschen, die an dieser Art zu reisen interessiert sind. Heutzutage wollen die Menschen nicht konfrontiert werden mit der Wirklichkeit, sie wollen Urlaub in den Scheinwelten der geputzten und geschönten Realität. Sie wollen nicht einen Tag durch den Regenwald gehen ohne ein einziges größeres Tier zu sehen (das ist nämlich normal - nicht wie in den Universum-Sendungen!), die sind nämlich erstens tagsüber meist nicht sehr aktiv und zweitens unheimlich scheu! Sie wollen nicht Strände sehen, an denen es den ganzen Wohlstandsmüll angespült hat und sie wollen nicht sehen wie kinderreiche Familien in kleinen Hütten hausen. Sie wollen auch nicht täglich Bohnen und Eier Yucca und Reis essen, wie das die einheimische Bevölkerung tut (uns wurde dazu oft auch ein Stück Huhn oder ein Stück Fisch gereicht). Die meisten Menschen wollen ein Land und eine Bevölkerung nicht wirklich kennen lernen, sondern sie suchen das Scheinbild der heilen Welt unter dem Motto: "Mein Leben ist sonst so stressig, da möchte ich mich im Urlaub nicht mit solchen Dingen auseinandersetzen". Für mich ist das der eigentliche Unterschied zwischen Urlaubmachen und Reisen. Der Urlauber möchte sich nur entspannen, es interessiert ihn nicht, wer daran wie verdient oder welche sozialen und politischen Hintergründe in dem besuchten Land vorherrschen. Der Reisende möchte aus seiner Reise Erkenntnisse ziehen, möchte Autentizität erleben und ein Land und seine Bevölkerung erspüren. Beides hat seine Berechtigung, aber beides hat andere Auswirkungen auf den Akteur selbst und auf das System, in dem er sich während seiner Reise bewegt.

Doch ich schweife ab: Von Las Marias aus untnahmen wir einen Ausflug mit kleineren Einbäumen (ohne Motor nur "handbetrieben") flussaufwärts zu den sog. Petroglyphen (seltsamen Zeichen in Felsen mitten im Fluss, von denen man weder die Herkunft noch die Bedeutung kennt). Wir haben einige der Zeichen als Urväter unserer Smilies erkannt :-).

Am nächsten Tag: Start des Treks zum Pic Baltimor, einem kleinen Berg, total mit Regenwald bewachsen. Ziel unserer Wanderung war eine kleine Hütte, in der wir übernachteten. Das Gehen im Regenwald ist durch die herrschende Temperatur und die Luftfeuchtigkeit extrem anstrengend. Man "rinnt aus" im wahrsten Sinn des Wortes! Die üppige Dschungelvegetation und die überall "lauernden" Fußangeln in Form von am Boden wachsenden Schlinggewächsen machen das Gehen zusätzlich zu einer Konzentrationsaufgabe, wenn man nicht, wie fast jeder von uns zwischendurch auf der Nase landen will. Die Hütte am Pic Baltimor war sehr, sehr einfach. Wir hatten 3 Betten für 5 Leute zur Verfügung. Diese bestanden aus einem Holzgestell mit einer dünnen, sehr desolaten Schaumgummiauflage, die von unseren Führern (2 an der Zahl, die auch die nötigen Lebensmittel trugen) liebevoll mit Bettwäsche überzogen wurden. In der Nähe der Hütte gluckste eine frische Quelle vor sich hin und sorgte für das nötige Trink- und Waschwasser. Unsere Führer kochten für uns und bald nach Einbruch der Dunkelheit fielen wir in einen unruhigen, von Insekten aller Art gestörten Schlaf, der um 6 h durch die Geräusche des erwachenden Urwaldes unterbrochen wurde: Brüllaffen brüllten, Vögel sangen, kreischten und zwitscherten um die Wette und die Sonne begann bald wieder gnadenlos vom Himmel zu brennen. An unserer Quelle begrüßten uns 2 Pizotes (das sind eine Art Nasenbären, die neugierig von den Bäumen blickten und unheimlich nett anzusehen waren).

Beim Heimgehen behauptete einer unserer Führer einen "tigre", also einen Jaguar gesehen zu haben - leider war keiner von uns dabei .... Der Führer erklärte uns die Wirkungsweise der einzelnen Pflanzenheilmittel des Urwalds, ließ uns aus Lianen Wasser trinken (dieses ist darin gespeichert und rinnt regelrecht heraus, wenn man die Liane kappt), und zeigte uns, wie man aus Blättern Dächer fertigt.

Bei unserer Rückkehr nach Las Marias hatte jeder von uns mindestens 10 Zecken, manche sogar viel mehr. Wir hofften, dass es hier keine von Zecken übertragene Krankheiten gibt...

Am nächsten Morgen: Abfahrt mit dem Einbaum flussabwärts nach Raista. Hier gab es schöne Zimmer in Holzhütten, blütenweiße Bettwäsche (welcher Luxus) und abends ein Lagerfeuer mit einem Gitarristen und einheimischen Tänzerinnen, die uns zur Teilnahme an ihren traditionellen Tänzen einluden und damit großen Spaß bereiteten.

Die letzte Station unserer Tour bestand in einer Fahrt in die Savannenähnliche Gegend von Yamari. Hier gibt es nur mehr kleine Palmen und stacheliges Gras, das von einem kleinen Seitenarm des Rio Platano durchzogen wird. Schon auf der Hinfahrt zu unserem Quartier, bestehend aus ein paar auf Stelzen stehenden Hütten mitten im Niemandsland, sahen wir, wie fast überall auf unserer Fahrt viele Vögel, angefangen von Seeadlern bis zu verschiedenen Reiherarten aller Größen und fragil wirkenden Stelzvögel. Manche strahlend weiß, manche in einer uns völlig fremden Buntheit. Abends machten wir uns mit Taschenlampen bewaffnet auf den Weg zur Krokodilbeobachtung. Wir glaubten irgendwie nicht wirklich daran, Krokodilen zu begegnen, zumal wir am Nachmittag unbekümmert im Flüsschen badeten. Doch als wir in der Finsternis auf ein leuchtendes Augenpaar nach dem anderen trafen, das jeweils zu einem Krokodil zwischen 20 cm und 1,5 m Länge gehörte, waren wir sehr erstaunt. Die Kaimane flüchteten überhaupt nicht! Wir konnten uns mit dem Boot neben sie stellen und eines berührte ich sogar am Schwanz - es erschrak fürchterlich und tauchte ab...

So hatten wir auch noch die berühmten "cocodrilos" gesehen, von denen die Einheimischen immer wieder erzählt haben... (Vielleicht stimmt die Geschichte mit dem Jaguar doch, kam mir dann kurz in den Sinn...)

Langer Rede kurzer Sinn: Am letzten Tag fuhren wir mit unserem Boot wieder zurück nach Brus Lagunas. Es schüttete wie aus Kübeln. Die Ankunft unseres Flugzeuges verzögerte sich und ich stellte mir mit Grausen vor, wie die Maschine auf der von tiefen Pfützen bedeckten Piste landen und starten würde. 2 Stunden später wusste ich es: Abenteuerlich! Das Wasser spritzte höher als das Flugzeug war! Man hatte das Gefühl, dass das Gerät jeden Moment in irgendeine Richtung ausbrechen könnte. Aber für die