Samstag, 3. April 2010

Es gibt nicht nur Bananen in Honduras: Urwald- und andere Abenteuer

Wieder zurück in Guatemala versuche ich 13 Tage Honduras revuepassieren zu lassen - gar nicht so einfach, denn wir haben viel erlebt! Wir: das sind Robert (ein Lehrer aus der österreichischen Schule), Andi (mein Bruder), Petra (seine Freundin), Wilfried und ich.

Wir verließen also am Samstag, 23.3. Guatemala um einer der letzten "wilden" Gegenden der Welt einen Besuch abzustatten: Der Moskitia in Honduras. Da unser Urwaldabenteuer erst mit Donnerstag beginnen sollte, besuchten wir zuerst die Maya-Ruinen von Copan, dann Tela, ein Küstenort mit karibischem Palmenstrand und schließlich La Ceiba, von wo aus wir mit einer kleinen Turbo-Propeller-Maschine in Richtung Brus Laguna flogen. Der Flugplatz in Brus Laguna ist übrigens eine wilde, völlig unebene Savannen-Piste, auf der das Flugzeug dahinholpert, dass man das Gefühl hat, es bricht irgendwann auseinander. Von Brus Lagunas aus ging es mit einem großen Einbaum (solche Bäume findet man nur mehr in einem primären Regenwald und von denen gibt es nicht mehr viele. Sie halten laut Aussage der Einheimischen nur 4 - 6 Jahre lang und werden natürlich in Handarbeit selbst hergestellt) über zwei große Seen und einem von Menschenhand gegrabenen Kanal nach Belen, wo wir nahe des Strandes kleine Hütten auf Stelzen bezogen. Der Strand war menschenleer und wir versuchten mit Unterweisung durch eine Fischersfrau vergeblich in der Brandung zu fischen und bekamen dann auch 4 Pferde für 5 Leute zur Verfügung gestellt, mit denen wir durch den Ort und entlang des Strandes trabten (die Pferde waren sehr ruhig :-)und nicht dazu zu bewegen, in eine schnellere Gangart zur verfallen. Petra begleitete nach einem missglückten Reitversuch (ihr Pferd weigerte sich sich zu bewegen) unsere Expedition als Beifahrerin auf einem Moped.

Der Strand war, wie heutzutage wohl alle ungereinigten Strände voll von angeschwemmtem Plastik und ich beschloss einmal mehr, in Zukunft wieder im Bioladen und am Markt Artikel ohne Plastikverpackung einzukaufen - nicht einmal ein Tropfen auf dem heißen Stein, ich weiß, aber der verzweifelte Versuch, irgendetwas beizutragen bzw. das Zeichen dafür, aus dem, was ich erlebt und gesehen habe, auch meine Schlüsse zu ziehen. Nach einer Nacht ohne Wände, nur von einem Palmendach und Moskitogittern beschützt, ging es nächsten Tag weiter mit unserem "Schiff" den Rio Platano entlang nach Las Marias.

Las Marias hat seine Einwohnerzahl in den letzten Jahrzehnten vervielfacht. Die Bevölkerung besteht aus wenigen Familien (3), die sozusagen reinrassige Pec (also Indios) sind, sowie aus Schwarzen (Garifonas, den Nachfahren von schwarzen Sklaven aus Afrika, die bei einem Schiffsuntergang im 17. Jh. auf einer Karibikinsel strandeten), sowie Latinos. All diese Gruppierungen sind dabei sich ständig zu vermischen und es ist nur mehr eine Frage der Zeit, bis nur mehr der "neue" Misch- Menschentyp in der Moskitia zu finden sein wird. Offensichtlich haben aber die einzelnen Bevölkerungsgruppen keine Probleme miteinander. Es gibt sogar Volkslieder, in denen alle "Rassen" besungen werden - ein Zeichen für die Gleichberechtigung.

Ich denke, es ist nun auch Zeit ein wenig über unsere Art dort zu reisen zu berichten. Wir haben diese Urwaldtour bei La Ruta Moskitia gebucht. Diese Organisation versucht einen ökologischen Turismus in die Region Moskitia zu bringen, um den Menschen eine Zukunftsperspektive zu geben. Die einst an Wildtieren und Fischen reiche Gegend bietet einer steigenden Bevölkerungszahl nicht mehr genügend Lebensgrundlage. Arbeitsmöglichkeiten sind so gut wie keine vorhanden. So versucht die gemeinnützige Organisation mit dieser Art des Ökoturismus den Menschen eine ökonomisches Lebensgrundlage zu geben. Das Konzept scheint mir sehr gut zu sein, aber die Realität hat, wie so oft, die gute Idee stark untergraben. Voriges Jahr, dem Jahr der politischen Unruhen in Honduras waren z. B. sage und schreibe 3 ! Gruppen in der Moskitia und wir waren im März die zweite Gruppe im Jahr 2010! Da von Lebensgrundlage zu reden, ist wohl eindeutig übertrieben.

Wie geht das Ganze vor sich? Man bezahlt an die Organisation für die 8 - Tagestour ca. 800 US$. Die Organisation behält sich einen ganz kleinen Teil des Geldes für die Organisationsspesen, der Rest wird in Kuverts verpackt. Wenn man an einen neuen Ort kommt, gibt man dem Verantwortlichen das Kuvert und der teilt das Geld unter denen auf, die das Programm vor Ort gestalten (das sind Quartiergeber, Pferdevermieter, Urwaldführer usw.).

So kommt das Geld den Menschen direkt zugute. Ich finde dieses Konzept hervorragend! Leider mangelt es an Menschen, die an dieser Art zu reisen interessiert sind. Heutzutage wollen die Menschen nicht konfrontiert werden mit der Wirklichkeit, sie wollen Urlaub in den Scheinwelten der geputzten und geschönten Realität. Sie wollen nicht einen Tag durch den Regenwald gehen ohne ein einziges größeres Tier zu sehen (das ist nämlich normal - nicht wie in den Universum-Sendungen!), die sind nämlich erstens tagsüber meist nicht sehr aktiv und zweitens unheimlich scheu! Sie wollen nicht Strände sehen, an denen es den ganzen Wohlstandsmüll angespült hat und sie wollen nicht sehen wie kinderreiche Familien in kleinen Hütten hausen. Sie wollen auch nicht täglich Bohnen und Eier Yucca und Reis essen, wie das die einheimische Bevölkerung tut (uns wurde dazu oft auch ein Stück Huhn oder ein Stück Fisch gereicht). Die meisten Menschen wollen ein Land und eine Bevölkerung nicht wirklich kennen lernen, sondern sie suchen das Scheinbild der heilen Welt unter dem Motto: "Mein Leben ist sonst so stressig, da möchte ich mich im Urlaub nicht mit solchen Dingen auseinandersetzen". Für mich ist das der eigentliche Unterschied zwischen Urlaubmachen und Reisen. Der Urlauber möchte sich nur entspannen, es interessiert ihn nicht, wer daran wie verdient oder welche sozialen und politischen Hintergründe in dem besuchten Land vorherrschen. Der Reisende möchte aus seiner Reise Erkenntnisse ziehen, möchte Autentizität erleben und ein Land und seine Bevölkerung erspüren. Beides hat seine Berechtigung, aber beides hat andere Auswirkungen auf den Akteur selbst und auf das System, in dem er sich während seiner Reise bewegt.

Doch ich schweife ab: Von Las Marias aus untnahmen wir einen Ausflug mit kleineren Einbäumen (ohne Motor nur "handbetrieben") flussaufwärts zu den sog. Petroglyphen (seltsamen Zeichen in Felsen mitten im Fluss, von denen man weder die Herkunft noch die Bedeutung kennt). Wir haben einige der Zeichen als Urväter unserer Smilies erkannt :-).

Am nächsten Tag: Start des Treks zum Pic Baltimor, einem kleinen Berg, total mit Regenwald bewachsen. Ziel unserer Wanderung war eine kleine Hütte, in der wir übernachteten. Das Gehen im Regenwald ist durch die herrschende Temperatur und die Luftfeuchtigkeit extrem anstrengend. Man "rinnt aus" im wahrsten Sinn des Wortes! Die üppige Dschungelvegetation und die überall "lauernden" Fußangeln in Form von am Boden wachsenden Schlinggewächsen machen das Gehen zusätzlich zu einer Konzentrationsaufgabe, wenn man nicht, wie fast jeder von uns zwischendurch auf der Nase landen will. Die Hütte am Pic Baltimor war sehr, sehr einfach. Wir hatten 3 Betten für 5 Leute zur Verfügung. Diese bestanden aus einem Holzgestell mit einer dünnen, sehr desolaten Schaumgummiauflage, die von unseren Führern (2 an der Zahl, die auch die nötigen Lebensmittel trugen) liebevoll mit Bettwäsche überzogen wurden. In der Nähe der Hütte gluckste eine frische Quelle vor sich hin und sorgte für das nötige Trink- und Waschwasser. Unsere Führer kochten für uns und bald nach Einbruch der Dunkelheit fielen wir in einen unruhigen, von Insekten aller Art gestörten Schlaf, der um 6 h durch die Geräusche des erwachenden Urwaldes unterbrochen wurde: Brüllaffen brüllten, Vögel sangen, kreischten und zwitscherten um die Wette und die Sonne begann bald wieder gnadenlos vom Himmel zu brennen. An unserer Quelle begrüßten uns 2 Pizotes (das sind eine Art Nasenbären, die neugierig von den Bäumen blickten und unheimlich nett anzusehen waren).

Beim Heimgehen behauptete einer unserer Führer einen "tigre", also einen Jaguar gesehen zu haben - leider war keiner von uns dabei .... Der Führer erklärte uns die Wirkungsweise der einzelnen Pflanzenheilmittel des Urwalds, ließ uns aus Lianen Wasser trinken (dieses ist darin gespeichert und rinnt regelrecht heraus, wenn man die Liane kappt), und zeigte uns, wie man aus Blättern Dächer fertigt.

Bei unserer Rückkehr nach Las Marias hatte jeder von uns mindestens 10 Zecken, manche sogar viel mehr. Wir hofften, dass es hier keine von Zecken übertragene Krankheiten gibt...

Am nächsten Morgen: Abfahrt mit dem Einbaum flussabwärts nach Raista. Hier gab es schöne Zimmer in Holzhütten, blütenweiße Bettwäsche (welcher Luxus) und abends ein Lagerfeuer mit einem Gitarristen und einheimischen Tänzerinnen, die uns zur Teilnahme an ihren traditionellen Tänzen einluden und damit großen Spaß bereiteten.

Die letzte Station unserer Tour bestand in einer Fahrt in die Savannenähnliche Gegend von Yamari. Hier gibt es nur mehr kleine Palmen und stacheliges Gras, das von einem kleinen Seitenarm des Rio Platano durchzogen wird. Schon auf der Hinfahrt zu unserem Quartier, bestehend aus ein paar auf Stelzen stehenden Hütten mitten im Niemandsland, sahen wir, wie fast überall auf unserer Fahrt viele Vögel, angefangen von Seeadlern bis zu verschiedenen Reiherarten aller Größen und fragil wirkenden Stelzvögel. Manche strahlend weiß, manche in einer uns völlig fremden Buntheit. Abends machten wir uns mit Taschenlampen bewaffnet auf den Weg zur Krokodilbeobachtung. Wir glaubten irgendwie nicht wirklich daran, Krokodilen zu begegnen, zumal wir am Nachmittag unbekümmert im Flüsschen badeten. Doch als wir in der Finsternis auf ein leuchtendes Augenpaar nach dem anderen trafen, das jeweils zu einem Krokodil zwischen 20 cm und 1,5 m Länge gehörte, waren wir sehr erstaunt. Die Kaimane flüchteten überhaupt nicht! Wir konnten uns mit dem Boot neben sie stellen und eines berührte ich sogar am Schwanz - es erschrak fürchterlich und tauchte ab...

So hatten wir auch noch die berühmten "cocodrilos" gesehen, von denen die Einheimischen immer wieder erzählt haben... (Vielleicht stimmt die Geschichte mit dem Jaguar doch, kam mir dann kurz in den Sinn...)

Langer Rede kurzer Sinn: Am letzten Tag fuhren wir mit unserem Boot wieder zurück nach Brus Lagunas. Es schüttete wie aus Kübeln. Die Ankunft unseres Flugzeuges verzögerte sich und ich stellte mir mit Grausen vor, wie die Maschine auf der von tiefen Pfützen bedeckten Piste landen und starten würde. 2 Stunden später wusste ich es: Abenteuerlich! Das Wasser spritzte höher als das Flugzeug war! Man hatte das Gefühl, dass das Gerät jeden Moment in irgendeine Richtung ausbrechen könnte. Aber für die

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