Sonntag, 18. April 2010

Ein "guatemaltekischer" Vormittag

Wir haben uns gestern kurzfristig entschieden heute vormittags an einem 10 km - Lauf unten in der Stadt teilzunehmen. Der Start sollte um 1/2 9 h erfolgen und so machten wir uns schon vor 1/2 8 h mit dem Auto auf den Weg. Unterwegs wollte Wilfried einmal rechts abbiegen, da war da leider ein Mopedfahrer, der das Auto gerade rechts überholen wollte und dabei im toten Winkel des Rückspiegels war. Er hakte mit seinem Moped bei der Stoßstange von Wilfrieds Auto ein und riss sie weg. Gottseidank kam er dabei nicht zu Sturz und hatte auch sonst keinen größeren Schaden an seinem Fahrzeug. Nachdem hier in Guatemala die meisten Fahrzeuge (vor allem Einspurige) nicht versichert sind, hat es gar keinen Sinn, sich über eine Schadensbegleichung Gedanken zu machen. Also: Stoßstange (bzw. Maske) des Autos eingepackt und weitergefahren!
Wir ließen das Auto in der Nähe des Starts in einer eher noblen Wohngegend stehen, zahlten unsere Nenngebühren, bekamen die Startnummern (natürlich ohne Nadeln - wir mussten sie einstecken ...) und kurz nach 9 h erfolgte der Start von mehreren hundert Läuferinnen und Läufern. Nachdem keine Chips zur Zeitnehmung ausgegeben wurden, wussten wir, dass die Zeiten wohl nicht gemessen wurden. Das war uns aber egal, weil wir (wir waren zu Dritt: Robert, Wilfried und ich) den Lauf als Training für den Halbmarathon am 15. Mai in Coban sahen. Die Strecke führte fast immer extrem stark befahrene Hauptstraßen entlang - die natürlich nicht gesperrt waren. Beim Überqueren von Straßen musste man oft buchstäblich um sein Leben laufen! Gegen Ende des Laufes überquerten wir einen großen Barranco (das ist eine tiefe Schlucht, von denen es hier in der Stadt recht viele gibt), der völlig mit armseligen Ghetto-Hütten verbaut war. Hier kamen mir ein paar schmutzige, verwahrloste Kinder entgegen, die mich recht fassungslos anstarrten. Ihr Blick schien zu sagen: Was machen diese Menschen hier? Warum rennen die so? Wahrscheinlich hat so etwas wie Sport in ihrem täglichen Überlebenskampf soviel Platz in ihrem Leben, wie in unserem das Suchen nach Lebensmitteln in Mülltonnen.
Das Laufen fiel mir sehr leicht und ich hatte überhaupt keine Probleme, was mich optimistisch für den Halbmarathon stimmt. Am Ziel angekommen, konnte man sich in einer 100m langen Schlange um ein Leiberl und etwas zu trinken anstellen, worauf wir gerne verzichteten. Wir waren guter Dinge und machten uns auf den Weg zu Wilfrieds Auto. Dort angekommen, erwartete uns die nächste Überraschung: Das Schloss an der Fahrertüre fehlte und mein Rucksack und die Geldbörse von Wilfried, beides unsichtbar unter dem Sitz verstaut, waren weg! Gottseidank, hat Wilfried die Kredit- und die Bankomatkarte zuhause gelassen und nur wenig Geld mitgenommen. Auch den Verlust von Crocs, T-Shirts und dem Rucksack können wir verkraften. Das Auto muss nach dem Unfall mit dem Mopedfahrer sowieso gerichtet werden und so sind wir zu dem Resümee gekommen: Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Nach einer Dusche gönnten wir uns einen Brunch in einem sehr guten chinesischen Restaurant. Man kann sich dabei viele kleine Portionen bestellen, und somit auch viele Geschmacksrichtungen ausprobieren. Ich habe noch nirgends auf der Welt außer in China selbst so gut chinesisch gegessen! Aber das ist auch kein Wunder, Asiaten spielen hier in Mittelamerika eine ganz große Rolle. Darüber aber ein andermal. Jetzt werde ich mich erst einmal von diesem turbulenten Tag erholen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen