Mittwoch, 16. September 2009

Schön, dass es hier einen Nationalfeiertag gibt!

Vergangenes Wochenende war dank des Nationalfeiertages am Dienstag, dem 15. 9., ein verlängertes, da die Schule den Montag frei gegeben hat. Wir nutzten die Gelegenheit mit einem jungen Paar (David und Kati) einen Ausflug in ein von der Hauptstadt weiter entferntes Gebiet zu unternehmen - in eine entlegene Region an der mexikanischen Grenze.

Wir verließen Guatemala-City am Freitag zu Mittag und fuhren in der ersten Etappe bis Huehuetenango, eine Stadt fast 2000 m hoch gelegen mit ca. 60.000 Einwohnern. Nach einer Übernachtung dort, ging der Weg weiter in Richtung Cimarron - ein einzigartiges Naturphänomen: Es ist ein kreisrundes Loch inmitten einer Hochebene mit einem Durchmesser von 172 m und einer Tiefe von 160 m. Am Grund dieses Lochs, das von kerzengeraden Felswänden begrenzt ist, wachsen hohe Tropenbäume. Hin und wieder wagen es Bergsteiger sich auf den Grund abzuseilen - ein mühsames Unterfangen (vor allem der Aufstieg!).

Nach diesem beeindruckenden optischen Eindruck ging es auf Schotterstraßen weiter bis zu einem kleinen Dorf namens Yalambojoch. Hier steht auf einem Hügel das Lebenswerk eines schwedischen Lehrers: Eine Schule für die Indiokinder der Umgebung - sehr sauber - sehr gut organisiert - sehr beeindruckend! In dieser Schule gibt es so etwas wie einen ausgebauten Dachboden mit unzähligen Betten. Gegen ein kleines Entgelt kann man hier schlafen, was wir auch gerne taten. Bevor wir uns in unser Riesenschlafzimmer begaben, besorgten wir uns im Dorf noch etwas zu essen. Die Besitzerin der Tienda (des kleinen Landens) an der Hauptstraße kochte uns in ihrer "Rauchkuchl" (man kocht dort in jedem Haus auf offenem Feuer) eine Hühnersuppe mit Gemüse und Tortillas - sehr lecker - sehr finster und sehr einfach (oder auch ärmlich). Gleichzeitig organisierten wir uns einen Führer mit Pferd für unseren Trip am nächsten Tag zur Laguna Brava, einem der größten Seen Guatemalas mit im Bergland und im Regenwald - einsam und fern jeglicher Zivilisation. Der Schwede erklärte uns noch, dass diese Gegend an der Grenze zu Mexiko von großen Schmugglerbanden geprägt sei und dass dort vor allem Drogen, Alkohol und Benzin über die Grenze geschmuggelt würden.

Am nächsten Morgen ging es los - das Pferd wurde mit unserem Proviant und den Schlafsäcken beladen und unser Führer mit seinem Sohn gingen den durch die Regenfälle der Regenzeit sehr aufgeweichten Weg voran in Richtung See. Unterwegs begleiteten uns farbenfrohe Schmetterlinge und vor allem auch ein glasklarer, kleiner Fluss, der schließlich in den See mündet. Nach ca. 2 1/2 Stunden Marsch in flottem Tempo steht man plötzlich vor dem durch seine türkise Färbung fast kitschig wirkenden See. Ein Bad im kühlen Wasser war uns sehr willkommen, denn die Temperaturen während der Wanderung waren schon sehr schweißtreibend. Dann bezogen wir unsere Unterkunft bestehend aus Hütten, die nichts außer einem Bettgestell aus Holz ohne Matratze enthielten. Die mitgebrachten Liegeunterlage und der Schlafsack verhinderten nicht, dass ich meine Knochen einzeln spürte - doch die Suche nach einer einigermaßen bequemen Schlafposition war schließlich von Erfolg gekrönt und ich schlief tief und fest in dieser stillen und absolut dunklen Landschaft (natürlich gibt es keine Elektrizität!) - bis, ja bis ein ohrenbetäubender Lärm, ein Geschrei und das Leuchten von Taschenlampen außerhalb unserer Hütte uns weckten. Wilfried wollte gleich nachsehen, was los ist - ich hielt ihn zurück und erfuhr später, dass sie das ganz gleiche Szenario sich auch eine Hütte weiter zwischen Kati und David abspielte. Mein erster Gedanke war: Jetzt werden wir von einer Schmugglerbande überfallen. Wir hörten einige Männer laut in einer uns nicht verständlichen Sprache schreien, Pferde trampeln... ich begann still zu überlegen, was ich von meinen Habseligkeiten anbieten könnte: Meine Kamera, meine Uhr, ein bisschen Geld - hoffentlich reicht das.... Es vergingen bange 10 Minuten, dann war uns klar, dass sie es nicht auf uns abgesehen hatten. Unser Führer unterhielt sich mittlerweile mit den Ankömmlingen, man hörte das Splittern von Holz, das für ein Lagerfeuer gefällt wurde und dann wurde bis 1/2 4 Uhr früh gefeiert - lautstark und alkoholträchtig. Am frühen Morgen bereiteten wir unser Frühstück zu und konnten einige der insgesamt 6 - 8 Männer in Augenschein nehmen - es ist uns bis heute nicht klar, um wen es sich dabei handelte - auf jeden Fall haben sie in den noch frei stehenden Hütten übernachtet und uns Gott sei Dank ungeschoren gelassen!

Nach dem Frühstück verließen wir den See wieder, wanderten zurück ins Dorf und fuhren über einen imposanten Gebirgszug eine Schotterstraße entlang, die uns in Höhen bis zu 3000 m führte. Zeitweise regnete es ein wenig und auf 3000 m hatte es ein wenig geschneit! Die Menschen, die in dieser Höhe leben, sind sehr arm. Die Vegetation ist karg, man sieht ein paar Ziegen und Schafe und das war`s dann auch schon! Die Hütten sind klein und sehr ärmlich, die Menschen sind in Schafwollkleider gehüllt. Kommt man wieder ins Tal in Grenznähe, gibt es auch Dörfer, die aus wunderschönen großen, oft einstöckigen Häusern bestehen: In dieser Landschaft kann man solche "Reichtümer" nicht mit redlicher Arbeit erwerben - das sind die Häuser der Schmuggler, vor allem die der Drogenschmuggler. Guatemala ist ein Umschlagplatz für Drogen - hier gehen die Haupttransportwege für Rauschgift aus Mexiko durch.

Wir fuhren wieder bis Huehuetenango, übernachteten dort und machten uns am nächsten Morgen auf den Heimweg, der uns immer wieder an Prozessionen wegen des Nationalfeiertags vorbeiführte. Kinder, Jugendliche, aber auch Erwachsene liefen mit Fahnen in der Hand durch die Dörfer - geschmückte Autos begleiteten sie. Manche Umzüge wirkten auf mich ein wenig wie Faschingsumzüge - doch das ist ihre Art zu feiern. Guatemalteken sind sehr nationalbewusst!

Und der Nationalfeiertag hat uns diesen wunderschönen Ausflug in eine Ecke Guatemalas ermöglicht, die die meisten Guatemalteken selbst nicht kennen!

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